Anti! Anti!

Heute darf ich wieder einmal mit einer Vertretungskolumne aushelfen. Dieses Mal mit vielen Anführungszeichen – ich hoffe, dass das Layoutprogramm beim P.S. diese automatisch in die richtige Form bringt, damit Redaktorin Nicole Soland beim Layouten nicht «Vögel bekommt».

Mit Nicole teile ich die Leidenschaft für den FC Zürich. Und dieser ist, zu Recht, stolz auf den Schweizermeisterinnen-Titel und die Champions-League-Teilnahme seiner Frauensektion. Ein grosser FCZ-Sponsor aber, der Üetliberg-Überbauungs-Wirt Giusep Fry, wollte am kommenden Samstag einen Kongress von «Antifeministen» beherbergen. Nun kann ich mir nicht vorstellen, dass mit Frauen, die den Idealen der «antifeministischen» Exponenten entsprechen, ein Fussballspiel zu gewinnen wäre, aber FCZ-Präsident Canepa kann uns das ja eventuell erklären. Oder ist es einfach nicht möglich, für den zweiterfolgreichsten Schweizer Fussballverein der letzten Jahre anständige Sponsoren zu finden?

Dieser «Antifeministen»-Kongress hat ja in den letzten Tagen dank gütiger Unterstützung von Autonomen einen Haufen Publicity gekriegt. Ein «Farbanschlag» in Uitikon: Die in der Presse abgebildeten Sprayereien am Gemeindehaus machen auf mich zwar mehr den Eindruck sauber ausgeführter typografischer Arbeiten, aber man darf sich jetzt wieder über die «blinde Zerstörungswut» der «Chaoten» enervieren. So stehen die «Antifeministen» im Vergleich plötzlich als eine politische Bewegung vernünftig denkender Männer da und nicht mehr als extremes Grüppchen frustrierter oder rückständiger Frauenverächter. Eine kurze Durchsicht der LeserInnen-Kommentare auf den Websites von «20 Minuten» und «Blick» zeigt: Da die «Antifeministen» sich gegen den Feminismus stellen, muss offenbar logischerweise der Feminismus hinter den Farbanschlägen stecken, oder wahlweise die Linke an sich, und ergo ist der Feminismus (bzw. die Linke an sich) undemokratisch.

Damit lässt sich natürlich leben, denn wer solche Kommentare abgibt, würde wohl auch ohne «Antifeministen» nicht links wählen. Was mich jedoch irritiert, ist dass man(n) heute anscheinend die Diskriminierung der Männer behaupten kann, ohne ausgelacht zu werden. Drei Punkte, gebetsmühlenartig repetiert, reichen als Belege dafür: Die Militärpflicht, das höhere Rentenalter der Männer, und die Praxis beim Sorgerecht.

Während wir über Militärpflicht und Rentenalter hier wohl nicht streiten müssen, sind bezüglich Sorgerecht anscheinend auch viele Linke auf der Linie der «Antifeministen» und glauben an eine Diskriminierung der Männer. Das Sorgerecht ist ja an sich eine Domäne meiner Frau. Nur so viel: Es wird vernünftigerweise dem Elternteil zugesprochen, das sich schon vorher um die Kinder gekümmert hatte. Dass dies immer noch in den allermeisten Fällen die Mutter ist, zeugt nun nicht von der Allmacht des Feminismus, sondern es zeigt, dass trotz vier Bundesrätinnen die Gleichstellung der Frauen noch weit entfernt ist.

Ich übrigens darf mich mit Fug «Feminist» nennen! Denn seit knapp zwei Monaten heisse ich Müller, wie meine Frau. Zwar hinten angestellt und ohne Bindestrich, aber immerhin, ich trage jetzt ihren Namen als Familiennamen. Was bei Frauen noch immer die Regel ist, ist beim Mann so aussergewöhnlich, dass es dafür eine Genehmigung vom Kanton braucht. So viel zum Stand der Gleichstellung…

Dieser Text erschien am 28. Oktober 2010 im P.S., www.pszeitung.ch.