Eine Detektivgeschichte

Der Detektiv schnaufte, schlug die Tür hinter sich zu und war endlich zu Hause. Er hatte soeben einen Fall gelöst, das heißt, er hatte für irgendeine beschissene Ehefrau herausgefunden, dass ihr beschissener Ehemann sie mit der Kellnerin ihrer Lieblingsbar betrog und diese ihren (der Ehefrau) Hund vergiftet hatte, weil sie das Hecheln neben dem sündigen Bette nicht ertragen konnte, worauf der Ehemann das Verhältnis sofort abgebrochen, nach einem gekonnt vorgetragenen Striptease der Kellnerin neben dem toten Hund jedoch sofort wieder aufgenommen hatte. Dies alles hatte der Detektiv herausgefunden, also, die Kellnerin hatte es ihm erzählt, nachdem er sie verführt und mit Scotch abgefüllt hatte in ihrem kleinen Zimmer gleich über der Bar, was ihn allerdings, und dies erfuhr er erst am nächsten Morgen, zweihundert Franken kostete, die ihm seine Klientin entgegen den vertraglichen Vereinbarungen partout nicht als Spesen anrechnen wollte, weil, wie sie sagte, die Männer alle gleich seien und sie dafür nicht auch noch bezahle, und künftig nehme sie sich für solche Fälle eine Detektivin.

Der Detektiv schlug also die Tür hinter sich zu und war endlich zuhause. Von dem, was nach Abzug der Spesen übriggeblieben war, hatte er sich Corned Beef, Brot und Aprikosenmilchdrink gekauft. Nach dem Essen sank er ermattet aufs Bett, klaubte ein Buch unter dem Kissen hervor und las eine Detektivgeschichte. In dieser Geschichte verfolgte ein Detektiv mit seinem Dodge eine Bande dunkler Gangster mit Maschinenpistolen, die nächtens eine Bank geplündert und neben dem Geld auch gleich die ganze Computeranlage samt Zentralrechner mitgenommen hatten. Die betreffende Bank, eine der drei größten im ganzen Land, stand natürlich vor der Öffentlichkeit ziemlich abgesägt da, und alle Hoffnung der sparenden Nation lag jetzt auf dem Detektiv, der die dunklen Gangster verfolgte. Eben bogen sie in eine Seitengasse ab, die noch dunkler war als sie selber, und der Detektiv witterte eine Falle, aber es war zu spät, das Lenkrad bereits reflexartig herumgerissen und der Wagen im Arsch. Der Detektiv schaute frontal in die Mündung eines Raketenwerfers. Er konnte sich dann aber mit viel Mut und List beim Chef der Bande einschleimen und ihn zu einem großen Coup überreden: Die Befreiung sämtlicher unpolitischen Häftlinge aus dem Hochsicherheitsgefängnis Albaknaz. Die Bande landete also mit Fallschirmen im Gefängnis und drang in die Zellen ein, aber die Polizei wusste Bescheid und brauchte nur noch die Türen hinter den verdutzten Gangstern zu schließen.

Nach diesem Bravourstück konnte sich der Detektiv mit der Belohnung der Bank zur Ruhe setzen und endlich mal selber eine Detektivgeschichte lesen. Er kaufte sich ein Buch mit dem Titel «Die besten Detektivgeschichten» und legte sich aufs neue Sofa. In der ersten Geschichte, sie hieß «Die große Verschwörung», war der Detektiv hinter einem korrupten Politiker her, der Präsident der Vereinigten Staaten werden wollte und keine Mittel scheute, dieses Ziel zu erreichen. Dem Politiker namens Bill Masturbanni war es gelungen, sämtliche Mafiaclans in Chicago und allen anderen amerikanischen Großstädten an einen Tisch zu bringen, einschließlich FBI und CIA, und der Detektiv stand vor einer sehr schwierigen Aufgabe. Erst als es ihm gelang, die Black Panthers, den Ku-Klux-Klan und den Christlichen Verein Junger Männer und Frauen zu einer gemeinsamen Aktion zu bewegen und landesweit im gleichen Moment gegen die vereinigten Mafiosi zuzuschlagen, war die Gefahr gebannt. Im Showdown mit Masturbanni zog der Detektiv schneller, wurde dann selber Präsident und erhielt den Friedensnobelpreis, der Ku-Klux-Klan verbrüderte sich mit den Black Panthers, und als im ganzen Land Friede und Glückseligkeit herrschte und auch sonst auf der ganzen Welt die Menschen in Harmonie und Einigkeit lebten, trat der Detektiv vom Amte des Präsidenten zurück, stopfte sich eine Pfeife, setzte sich in seinen Ohrensessel und las eine Detektivgeschichte.

Die Geschichte handelte von einem Detektiv, der eine Chinesin beschattete, deren Ehemann sie des Ehebruchs verdächtigte, weil sie ab und zu ohne Erklärung nicht zu Hause war, die aber, wie der Detektiv nach und nach erkannte, sich in den Momenten ihrer Abwesenheit nicht im Bett eines Liebhabers, sondern im Büro einer spätmaoistischen Untergrundorganisation räkelte und die Weltrevolution vorbereitete. Der Detektiv wurde dann von der Untergrundorganisation entführt und einer Gehirnwäsche unterzogen. Der nun selbst spätmaoistische Detektiv bändelte mit einer Politologieprofessorin der örtlichen Universität an, die ihren Studentinnen und Studenten künftig nur noch revolutionäres Gedankengut vermitteln sollte, aber in dem Moment, als er sich gerade das Kondom für die Liebesnacht überzog, sprang Masturbanni mit großem Geklirre durchs Fenster und betäubte die Professorin mit dem von der Kellnerin vergifteten Hund, der schon weidlich stank. Dann lud er den Detektiv zu einer Flasche Aprikosenmilchdrink ein, um ihm heimlich einen LSD-Trip unterzujubeln, doch der Milchdrink mit dem Trip war im Becher mit dem Fächer, und den Pokal mit dem Portal erwischte der Detektiv, so dass Masturbanni auf die Reise ins Land der Blumen sanft entschwebte, und die spätmaoistische Untergrundorganisation mit dem Detektiv an ihrer Spitze verbrüderte sich mit den Black Panthers und dem Ku-Klux-Klan und dem FBI und der CIA, und gemeinsam führten sie die Weltrevolution durch, und auf dem gestohlenen Zentralrechner aus der Bank spielten sie Super Mario bis ans Ende der Zeiten.

Als er diese sehr amüsante Geschichte gelesen hatte, war der Detektiv müde und legte sich schlafen.

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