Ihr Mann

Eine immer wieder gern zitierte Weisheit sagt, dass hinter jedem grossen Mann eine grosse Frau stehe. Aber wer denkt an die Männer, die hinter grossen Frauen stehen müssen? Ich kann mich ja nirgendwo mehr zeigen, ohne dass einer kommt und sagt, deine Frau, gell, das ist doch die, die immer diese Kolumnen schreibt, diese männerfeindlichen! Sicher halten sie mich alle für eine Art Hybrid aus Frauenversteher, Sitzpinkler, Warmduscher und Weichei. Und, ganz ehrlich: das trifft alles zu!

Aber ich habe ja sowieso kaum mehr Zeit, mich irgendwo zu zeigen. Waschen, Putzen, Kind hüten – und meine eigene Arbeit macht sich ja auch nicht von selbst. Ich meine, auch als Mann einer Kolumnistin will man doch sein eigenes Einkommen haben. Und jetzt auch noch die Kolumne schreiben! Ich habe keine Zeit, hat sie gesagt, schreib du doch was über dich, das interessiert die Leute. Was sollte die wohl interessieren? Grösse, Alter, Geschlecht, Hobbys? Sie hat gut reden, bei dem Zeug was sie immer schreibt denken sowieso alle, ich mache nur Makramee und so. Dabei habe ich eine Latein- und Griechisch-Matur!

Übrigens, gestern war das Kind krank, und einer musste dann halt zuhause bleiben. Sie können sich ja denken wer das war. Natürlich, ich bin ja selbständig erwerbend, da ist man doch flexibel! Stellen Sie sich vor, ich hätte einen richtigen Job – meinen Sie, da könnte ich einfach so kommen und einen halben Tag weg bleiben? Selbst wenns mein eigenes Kind wäre, da würden sie mich dann schön schräg angucken!

Vielleicht sollte ich mir wirklich wieder einen Job suchen, ich meine, das geht so doch nicht weiter. Damit sie nicht denkt, ich wolle mich vor der Hausarbeit drücken, bemühe ich mich ganz ernsthaft um eine Teilzeitstelle – die Gefahr, dass ich eine finde ist ja nicht wirklich gross. Am Ende nehme ich halt dann «gezwungenermassen» einen Hundertprozent-Job, und fortan komme ich jeden Tag erst spät abends nach Hause, setze mich rechtschaffen müde vor den Fernseher und lasse mir das Essen und ein Bier servieren! Hei das wär ein Leben!

Ich könnte ja auch in eine Talk-Show gehen zum Thema «Hilfe, meine Frau ist Feministin». Hat Alice Schwarzer eigentlich einen Mann? Vielleicht wär der dann auch da, der ist sicher ein Superwürstchen! À propos, kennen Sie den Witz vom Jungen und dem Würstchenverkäufer? Ja? Schade, den erzähle ich so gern; natürlich sage ich aber «Heisse Müller» und nicht «Heisse Meier». Ein Brüller, nicht?

Ich weiss, Sie hätten lieber eine Kolumne von Zora Offs Mann gelesen als von mir. Der hätte sicher über Orgasmen geschrieben und vielleicht sogar verraten, wie lang sein … aber lassen wir das, gewisse Dinge kann man sich nicht aussuchen. Ich muss jetzt auch Schluss machen, schliesslich habe ich noch zu tun, es gibt in unserem Haushalt gerade keine einzige saubere Socke mehr. In zwei Wochen werde ich Sie noch einmal belästigen, vielleicht erzähle ich Ihnen dann von meinen Erlebnissen beim Warmduscher-Kongress.

Dieser Text erschien am 21. Juni 2007 im P.S., www.pszeitung.ch.