Marken-MurX

Sind Sie schon mal mit der Glattalbahn zum Flughafen gefahren? Ich nicht. Nicht dass ich etwas dagegen hätte, obwohl: in ein Tram zu steigen, dessen Name schon 10 Jahre vor seiner Eröffnung von gestern war, gibt schon ein etwas mulmiges Gefühl. Seit 1998 heisst das Tal der Glatt korrekt Glatttal, doch die Glattalbahn (im Bund mit der Landestopografie) will das dritte «t» partout nicht reinlassen. Wir können nur hoffen, dass die Verantwortlichen für Infrastruktur und Rollmaterial nicht ebenso hartnäckig an Veraltetem festhalten!

Sind hier Brandingfuzzis am Werk oder Bürokraten? Ich weiss es nicht. Beiden gemeinsam ist aber in solchen Fällen die Argumentation: Die einen verweisen auf die «eingeführte Marke», die andern auf den «historisch gewachsenen Flurnamen». Und dieses historische Wachstum soll also beim Stand von 1990 gestoppt werden. Wieso ausgerechnet 1990? Hätte die Landestopografie schon immer so gedacht und gehandelt, dann würde heute noch gar Vieles anders geschrieben – schauen wir beispielsweise auf die Karte von Ägidius Tschudi aus dem Jahr 1538, dann fliesst die Glatt aus dem Griffen See und dann irgendwo zwischen Eglisow und Keiser Stul in den Renus. Das waren alles historisch gewachsene Begriffe! Auch das Glatttal selbst hat während seines historischen Wachstums schon andere Schreibweisen erlebt, und zwar inklusive Bahn: am 28. Juli 1856 wurde das erste Teilstück der Glatt-Thal-Bahn von Wallisellen nach Uster eröffnet!

Sehr in Mode sind derzeit Brands mit vorangestelltem Artikel, also «Der», «Die» oder «Das» am Anfang. Was an sich kein Problem wäre. Doch die Markenmanager scheinen sich auch darauf geeinigt zu haben, dass die Marke nicht deklinierbar sei. Blues Max singt deshalb nicht etwa im «Zelt», sondern in Das Zelt. (Und wie man in Das Zelt hineinsingt, so schallt es bekanntlich wieder heraus…) Möglicherweise wird der Auftritt präsentiert von Die Boden Fachleute? – Immerhin: falls der Tagi in seiner Samstagsbeilage darüber schreiben sollte, lesen wir den Text löblicherweise nicht in Das Magazin, sondern ganz normal im «Magazin».

Wichtig ist beim Designen von Brands, die Individualität des Gebrandeten zu inszenieren (oder zuweilen auch, Individualität erst herzustellen). Da hatten die Planer der neusten Zürcher Shopping-Mall eine besonders hübsche Idee: Sie liessen den Kamin der alten Papierfabrik als weithin sichtbares Marken-Zeichen stehen. Natürlich musste der dann auch im Logo erscheinen – kein Problem, so ein Kamin gibt ein treffliches «l», und das kommt ja schliesslich im Markennamen vor.

Nur: so mit dem hohen Kamin in der Mitte sieht der Schriftzug dann eher etwas nach Zirkuszelt aus, und «Das Zelt» heisst das Einkaufszentrum ja nun nicht. Also machte man den Kamin kurzerhand zum «i». So siehts gut aus, so vom Formalen her. Wirklich, sehen Sie selbst. Dass ein hoher Kamin nicht zum «i» taugt, ist bei so einem herausragenden Brand nebensächlich, und wer hier «Sihlclty» liest, kommt einfach nicht draus!

Dieser Text erschien am 22. Januar 2009 im P.S., www.pszeitung.ch.

Ein Gedanke zu „Marken-MurX“

  1. Hoi Kusi
    Wir haben uns kürzlich „Chez Nous“ getroffen.
    Du schreibst sehr gut, stets begleitet mit einer Brise Humor.
    Ich freue mich, mehr von Dir zu lesen 🙂

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