Heute darf ich, sonst jeweils Erstleser und -kritiker, wieder einmal als Ersatzkolumnist wirken. Ich bin ja selbständig erwerbend, ein Ein-Personen-Betrieb, mithin ein KMU. Und als solches ist man diversen Amts- und sonstigen Stellen zu mannigfachen Auskünften verpflichtet.
So wollte Anfang Jahr die Pro Litteris über meine Infrastruktur zum Fotokopieren Bescheid wissen. Ein eigentliches Kopiergerät habe ich ja zum Glück nicht, aber gelegentlich etwas einzuscannen oder auszudrucken gibt es schon in meiner Branche. Ich gab also arglos und wahrheitsgemäss an, dass ich einen Scanner und einen Drucker betreibe. Ende März kam dann die Rechnung über 30 Franken. Deswegen will ja nun niemand einen Aufstand machen – doch ein Blick auf den Tarif machte mich stutzig: Es ist der Tarif für Firmen mit 1 bis 19 Angestellten. Wenn ich also einen Hochleistungskopierer und 18 StudentInnen im Büro hätte, die pausenlos geschützte Werke kopierten, müsste ich offenbar gleich viel bezahlen. Ich rechnete nach: Die 30 Franken entsprechen 850 Kopien urheberrechtlich geschützter Werke, die ich im Jahr anfertigen müsste! Das ist absurd.
Dies schrieb ich dann auch der Pro Litteris, in der Annahme, dass ein Fehler vorlag. Doch da täuschte ich mich: Eine im Übrigen verständnisvolle und nette Mitarbeiterin der Pro Litteris rief mich an und erklärte, dass so halt das Gesetz sei.
Das erinnert mich daran, dass ich als junger Selbermach-Musiker gern mit dem Vierspurgerät Kassetten aufnahm, diese vervielfältigte und an meine FreundInnen verschenkte oder für 5 Franken verkaufte. Für jede Kassette zahlte ich einen Beitrag, der dann als Kopier-Entschädigung an eine Musikindustrie ausgeschüttet wurde, die Leute wie mich ganz weit links liegen liess. Das Gleiche gilt auch heute noch für jede CD-ROM, die ich für mein Firmenarchiv brenne. Will ich einen MP3-Spieler kaufen, wird ein happiger Betrag fällig, weil ich ja statt meiner gekauften CDs auch heruntergeladene Musik darauf kopieren könnte.
Pauschalgebühren wie auch Gebühren auf Geräten und Datenträgern sind immer ungerecht, die einen mehr, die anderen weniger. Eine Abgabe auf Kopiergeräten in Universitäten, die wissenschaftlichen Verlagen zugute kommt, ist sicher okay; warum aber ein durchschnittliche Firma Kopiergebühren zahlen und ein Belletristikverlag sie bekommen sollte, ist mir wenig verständlich. Abgaben auf Leerkassetten sind noch nachvollziehbar; bei CD-Rohlingen aber, auf die man auch vieles andere als Musik brennt, schröpft man zu einem rechten Teil die Falschen.
Doch die gute Nachricht kommt von den Urheberrechtsgesellschaften selbst: Dafür dürfen wir jetzt legal kopieren und herunterladen! Soviel wir wollen! Aha so. Eben noch waren die KopiererInnen und Download-Kids Piraten, doch heute ist blöd, wer nicht kopiert: denn dafür zahlen müssen wir sowieso. So ist halt das Gesetz.
Wer sind denn jetzt die Piraten? Vielleicht gar die Urheber-VertreterInnen, die uns, mit Schützenhilfe des Gesetzgebers, so selbstverständlich in die Tasche greifen?
Dieser Text erschien am 12. November 2009 im P.S., www.pszeitung.ch.